Links überspringen

Auf dem Weg zum Traumberuf: Studieren mit CI

„Nach meiner Implantation habe ich in der Reha eine Lehrerin kennengelernt. Sie hat mir davon abgeraten, selbst Lehrerin zu werden. Für sie war der hohe Geräuschpegel stets belastend“, sagt Sarah. „Aber ich habe mich davon nicht abhalten lassen.“ Heute ist die 22-Jährige ihrem Wunschberuf ganz nah: Sie studiert an der Pädagogischen Hochschule in Wien. Ihre Erfahrungen als Studierende mit Cochlea-Implantat machen Mut.

Sarah Schmid steckt gerade mitten in ihrer Ausbildung: Sie hat sich dafür entschieden, Lehrerin zu werden. Mit ihrem Cochlea Implantat (CI) geht sie offen um, trägt hochgebundene Haare und stellt sich den Fragen von Interessierten. Das war nicht immer so: Sarah wurde erst mit 18 Jahren einseitig implantiert. Nach der OP dauerte es ein Jahr, bis sie ihr CI akzeptieren konnte.

Auch an der Pädagogischen Hochschule (PH) verschwieg sie ihr CI am Anfang:

„Beim Eignungstest habe ich nicht gesagt, dass ich ein CI trage – weil ich Angst hatte, das würde meine Chancen vermindern.“

Sarahs Sorgen waren jedoch unbegründet. „Im Lauf der Zeit hat es sich ergeben, dass ich immer wieder über mein CI sprach. Ich will den Schwerpunkt Inklusion wählen und da hatten wir einige Seminare zum Thema Hören – da habe ich das CI vorgestellt.“ Außerdem ist Sarah an ihrer Hochschule nicht die Einzige mit einer Hörbeeinträchtigung: Eine weitere Mitstudentin ist gehörlos.

Durch ihr CI und die damit verbundenen persönlichen Erfahrungen ergab sich für Sarah auch ein Vorteil: Bei der Bewerbung für ein Praktikum in einem Gehörlosenzentrum gab die Professorin ihr den Vorzug. „Sie hat gesagt: Wenn du den Platz nicht bekommst, wer denn sonst?“

Kurse in Kleingruppen sind ideal

Im Hochschul-Alltag profitierte Sarah davon, dass die meisten ihrer Kurse in Kleingruppen stattfinden: „Das ist natürlich ideal.“ Pro Semester gibt es nur zwei Vorlesungen, die in einem großen Hörsaal mit vielen ZuhörerInnen stattfinden: „Aber auch das geht gut, weil meistens mit Mikrofon gesprochen wird und da kann ich es ganz gut verstehen“, sagt Sarah.

Die Studentin hat allerdings auch schon andere Erfahrungen gemacht: Aus Interesse hatte sich Sarah für ein zweites Studium – Philosophie – eingeschrieben. Diese Vorlesung fand in einem alten, runden Hörsaal statt. „Die Akustik war extrem schlecht. Ich habe dann sechsmal versucht, dass ich hingehe und habe mich immer woanders hingesetzt. Aber nicht einmal diejenigen, die normal hören, haben wirklich alles gut verstanden“, erzählt sie. Sarah erkundigte sich beim Tutor, ob die Möglichkeit bestehe, ein Hörsystem anzuschließen. Seine Antwort: In dem alten Hörsaal sei das leider nicht möglich. Sarah gab ihr freiwilliges Zweitstudium schließlich auf.

Tipps für Studierende

Entmutigt ist sie dadurch nicht: Sie rät anderen Studierenden, bei Problemen auf jeden Fall das Gespräch mit Professoren und Tutoren zu suchen.

Außerdem sei ein gezielt gewählter Sitzplatz hilfreich: „Ich würde mich auch eher dorthin setzen, wo es einen Lautsprecher gibt und rate generell zu Sitzplätzen weiter vorne. Außerdem ist es möglich, mit den Professoren zu sprechen und sie zu bitten, lauter zu sprechen oder ein Mikrofon zu verwenden. Findet ein Seminar im kleinen Kreis – wie an meiner Hochschule – statt, kann ich darum bitten, dass sich die Professoren näher zu mir stellen.“

Mitstudierende können ebenfalls Unterstützung sein: „Ich würde auch die anderen Studierenden bitten, ein bisschen Rücksicht zu nehmen und leiser zu sein, damit alles verständlich ist. Eine weitere Möglichkeit ist, die Vorlesung aufzuzeichnen. Das wird an einigen Universitäten angeboten. So können Studierende den Vortrag zu Hause noch einmal nachhören.“

Die richtige Entscheidung

Sarah ist ihrem Ziel, Lehrerin zu sein, schon ganz nah. Ihre ersten Erfahrungen in Praxisklassen waren sehr positiv und haben sie in ihrer Entscheidung bestärkt: „Wenn ich in Praxisklassen unterrichte, bin ich relativ streng – ich will ja hören, wenn die Kinder mir etwas sagen. Aber bisher war es immer so, dass den Kindern in meinen Klassen das CI irgendwann aufgefallen ist – und die Schüler reagieren ganz anders als Erwachsene. Sie fragen sofort: Was hast du denn da? Ich erkläre dann, warum ich ein CI brauche und warum es wichtig ist, in der Klasse leise zu sein“, erzählt Sarah. „Bisher hat das immer gut funktioniert.“

Bildnachweis: Sarah Schmid

 

Auf einen Blick: Mit CI an der Uni.

(1) Das Gespräch mit ProfessorInnen und TutorInnen suchen
(2) Die Vortragenden bitten, ein Mikrofon zu nutzen oder lauter zu sprechen
(3) Nachfragen, ob eine FM-Anlage verfügbar ist
(4) In Seminaren und Kleingruppen: Darum bitten, dass sich die Vortragenden in unmittelbare Nähe stellen
(4) Mit den Mitstudierenden sprechen und erklären, was ein CI ist und warum man es trägt
(5) In großen Hörsälen: auf die Sitzposition achten und sich gezielt positionieren
(6) An vielen Hochschulen werden Vorlesungen aufgezeichnet: Damit können sich Studierende das Gesagte in Ruhe noch einmal ansehen

[templatera id=“685″]