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Musik-Genuss mit Hörimplantat: Ja, das geht!

Musik nach Hörverlust – von der Leidens- zur Erfolgsgeschichte

Werde ich je wieder Musik hören können? Wird sie so schön klingen wie gewohnt?

Fragen wie diese beschäftigen Musikliebhaber, die ihr Gehör verloren haben und vor der Entscheidung stehen, sich implantieren zu lassen. Zuallererst: Es ist wichtig, schnell etwas zu unternehmen. Denn das Gehirn vergisst zwar das Hören nicht, aber das Wiedererlernen dauert umso länger, je länger der Hörverlust gedauert hat.
In der Community finden sich viele positive Beispiele für Musikliebhaber und aktive Musiker, die mit Hörimplantaten wieder ihren Beruf oder ihr Hobby ausüben können.

Da wäre etwa der Vollblutmusiker Walter aus Niederösterreich (A), der dank des Mittelohrimplantat-Systems Vibrant Soundbridge wieder singen, Gitarre spielen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann.

Mit meinen zwei Implantaten ist auch der räumliche Stereo-Effekt gegeben. Dieses System macht es möglich, dass ich wieder ganz normal musizieren und mich unterhalten kann.

Auch Elisabeth aus Salzburg (A), die beidseitig ein Cochlea-Implantat (CI) trägt, freut sich über das Klangerlebnis:

Musik klingt mit zwei Implantaten viel besser, schöner, reiner, kräftiger. Bei Beethovens 9. Sinfonie hörte ich sogar das Klavier wieder heraus.

HearPeers-Mentorin Elizabeth aus Wales (GB), passionierte Geigerin und Klavierlehrerin, empfindet ihr Leben mit CI ebenfalls als große Bereicherung. Nach intensivem Musiktraining tritt sie sogar wieder öffentlich auf.

Dies sind nur drei von sehr vielen einseitig oder beidseitig postlingual ertaubten Nutzern, die mit Hörimplantat wieder ihre Leidenschaft für Musik leben können.

Elisabeth aus Salzburg | Bildnachweis: EWH

Musik hören mit CI – das Ergebnis konsequenten Trainings

Musikgenuss trägt wesentlich zu einer höheren Lebensqualität von CI-Trägern bei, wie wissenschaftliche Studien belegen. 30% bis 37% würden sich implantieren lassen, allein um Musik hören zu können.(1)

Manchmal nehmen CI-Nutzer Musik allerdings anders wahr als vor der Implantation und vermeiden daher musikbezogene Aktivitäten.(2) Diese Einschränkung müssen sie jedoch nicht einfach so hinnehmen. Mit gezieltem Hör- bzw. Musiktraining können sie die Hörrehabilitation nach der Cochlea-Implantation bestmöglich unterstützen.(3) Denn so viel ist klar: Der Hörgenuss stellt sich mit einem CI nicht von selbst ein, sondern erfordert vor allem am Anfang eine große Portion Geduld und Ausdauer.

Üben, üben, üben heißt die Devise! Wie beim Erlernen eines Instruments. Zahlreiche Rehabilitations-Materialien für Betroffene und Spezialisten helfen dabei, die Musikwahrnehmung zu trainieren. Die CDs, Apps, Hörbücher, Musik-Kits etc. richten sich sowohl an Kleinkinder, die taub geboren wurden und erst mit der Hör- und Sprachentwicklung beginnen, als auch an postlingual, also nach dem Erlernen von Sprache ertaubte Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Ein guter Tipp für CI-Träger ist zum Beispiel, das Training mit vertrauten Liedern und Melodien aus der Zeit vor der Ertaubung zu beginnen und sich mit dem neuen Klangempfinden auseinanderzusetzen bzw. vertraut zu machen. Für Kinder empfehlen sich Kinderlieder und einfach arrangierte Melodien.

Zur Motivation: Gezieltes Hörtraining verbessert neben der Musikwahrnehmung wahrscheinlich auch das Sprachverstehen und damit insgesamt die Zufriedenheit und das Selbstbewusstsein von CI-Nutzern.(4) Studien haben auch bewiesen, dass schwerhörige Menschen, die sich von Kindheit an intensiv mit Musik beschäftigen, in lauter Umgebung besser verstehen als schwerhörige Nicht-Musiker.(5) Und Musik – ob aktiv gespielt oder passiv erlebt – lässt unseren Körper Glückshormone ausschütten.

Besser hören dank neuer Technologien

Die Hörimplantat-Hersteller sind bestrebt, den Nutzern eine möglichst natürliche Wahrnehmung von Sprache und Musik zu ermöglichen. Um das Hörpotenzial optimal auszuschöpfen, erforschen und entwickeln sie ihre Implantat-Systeme ständig weiter. Aktuell das beste Ergebnis bringt die Kombination von drei innovativen Schlüsseltechnologien:

• Erhalt und Schutz der empfindlichen Nervenzellen im Innenohr

• Stimulierung der gesamten Cochlea für ein volles Klangspektrum durch entsprechend dimensionierte Elektroden

• Optimierte Klangkodierung vom höchsten bis zum tiefsten Ton in höchster zeitlicher und spektraler Auflösung durch eine feinst adaptierbare Software im Audioprozessor

Hörimplantate, die diese Anforderungen erfüllen, führen bei der Mehrheit der Nutzer zu einer Verbesserung des Musikerlebnisses. Sie sind damit auch in der Lage, selbst komplexeste Klangkombinationen wahrzunehmen. Nicht nur der Musikkonsum, sondern auch der Musikgenuss steigert sich deutlich mit modernen Klangverarbeitungsstrategien, sodass 90% der Befragten einer Studie gern und oft Musik hören.(6)

Noch vor 10 Jahren, mit älterer Technik und kürzeren Elektroden, lagen diese Ergebnisse deutlich niedriger.(7) Das intensivere, natürlichere Hörerlebnis ist sowohl in ruhiger wie auch geräuschvoller Kulisse gegeben. Spezielle Hörhilfen (ALDs = Assistive Listening Devices) für CI-und Hörgeräte-Nutzer sowie Induktionsschleifen in Opernhäusern, Konzertsälen, Theatern etc. und Hot Spots, die den „Sound“ direkt in den Prozessor übertragen, umgehen in konkreten Situationen das problematische „Umgebungsrauschen“.

Elizabeth aus Wales (GB) | Bildnachweis: EWH

Fazit: In 5 Schritten vom Hörverlust zum Musikgenuss

Wie Sie Ihr Ziel – das „Endlich Wieder Hören“ – am besten erreichen, sehen Sie hier auf einen Blick:

  1. Ausführliche Beratung: Informieren Sie sich bei Spezialisten, welche Hörimplantat-Systeme die neuesten Technologien vereinen und natürliches Hören ermöglichen
  2. Rasche Implantierung: Je schneller nach einem Hörverlust implantiert wird, desto schneller und erfolgreicher verläuft die Hörrehabilitation
  3. Beidseitige Implantierung: erhöht die Klangqualität und ermöglicht das Lokalisieren von Tönen
  4. Musiktraining: Fangen Sie gleich nach der OP mit der Musik-Reha an und nutzen Sie alle verfügbaren Materialien und Angebote
  5. Realistisch bleiben: Es kann sein, dass Sie Musik anders hören als vorher. Doch mit der richtigen Herangehensweise werden Sie Ihre Lieblingsmusik wieder genießen können
  6. Quellen:
    (1) Kohlberg et al., Does Cochlear Implantation Restore Music Appreciation?, in: The Laryngoscope (2013)
    (2) Vgl. Dritsakis et.al., Impact of music on the quality of life of cochlear implant users: a focus group study, in: Cochlear Implants International (2017)
    (3) Vgl. Good et al., Benefits of Music Training for Perception of Emotional Speech Prosody in Deaf Children With Cochlear Implants, in: Ear & Hearing (2017)
    (4) Vgl. Smith et.al., Musical Rehabilitation in Adult Cochlear Implant Recipients With a Self-administered Software, in: Otology and Neurotology 38 (2017)
    (5) Fuller et al., The musician effect: does it persist under degraded pitch conditions of cochlear implant simulations?, in: Front Neurosci, 8, 2014, p. 179
    (6) Müller et al., Clinical Trial Results with the MED-EL Fine Structure Processing Coding Strategy in Experienced Cochlear Implant Users, in: ORL 74 (2012)
    (7) Vgl. Brockmeier et al., Comparison of Musical Activities of Cochlear Implant Users with Different Speech-Coding Strategies, in: Ear Hear (2007)
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