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Teil 1 – Chris: Musik als Hauptkriterium für ein Cochlea-Implantat

Hallo, ich bin Chris, 55 Jahre alt und aus Deutschland. Ich lebe schon seit über 23 Jahren im Norden Deutschlands – zusammen mit meiner Frau und meinen beiden Söhnen, die 17 und 19 Jahre alt sind.

Ich arbeite als User Experience Designer für SAP. Dort ist es mein Job, Software, Websites und Kampagnen nutzerfreundlicher zu gestalten. Man kann also sagen, ich bin Experte für Mensch-Computer-Interaktion. Mein Hobby ist eindeutig die Musik. Sowohl Musik hören, auf Konzerte und Festivals gehen als auch selbst Musik machen mit meiner Band. Diese habe ich kurz nachdem ich meine Cochlea Implantate bekam, gegründet. Ich spiele Schlagzeug und Bassgitarre, und auch etwas Klavier. Außerdem spiele ich gerne Tennis und interessiere mich für Literatur und Film.

Die Anfänge meines Hörverlusts

Ich hatte als Kind ein sehr gutes Gehör und begann bereits im Grundschulalter, Musik zu machen. Mit ca. 7 Jahren wurde bei mir eine leichte Innenohrschwerhörigkeit beiderseits diagnostiziert, nachdem mir die Mandeln und Polypen operativ entfernt wurden. Bei dieser Operation gab es Komplikationen. Im selben Jahr erkrankte ich auch schwer an Mumps, was auch ein Grund für die Verschlechterung des Gehörs sein kann.

Als ich 11 Jahre alt war, bemerkten meine Eltern, dass ich kaum noch reagierte, wenn ich angesprochen wurde. Ich bekam die ersten Hörgeräte und war zu diesem Zeitpunkt bereits sehr stark schwerhörig. Mein Hörverlust verschlechterte sich weiter, obwohl ich bei vielen verschiedenen Ärzten vorstellig wurde. Mit der Volljährigkeit war ich an Taubheit grenzend schwerhörig und konnte auch mit Hilfe von Hörgeräten kaum noch Sprache verstehen.

Wie mein Hörverlust mich geprägt hat

Für einen musikbegeisterten Teenager ist das Verlieren des Gehörs natürlich eine Katastrophe. Hörgeräte waren in den 80er Jahren bei jungen Menschen noch völlig verpönt und ich habe mich damals sehr geschämt. Auch für meine Eltern war das eine schwere Zeit. Sie versuchten alles, um herauszufinden, warum mein Gehör so schlecht ist und wie man dies behandeln kann. Meine schulischen Leistungen nahmen rapide ab, und ich fing mit etwa 14 Jahren an, zu rebellieren. Ich schloss mich der Punk-Bewegung an, trug auffällige und zerrissene Kleidung, ließ mir Ohrringe stechen – zu dieser Zeit ziemlich revolutionär für einen Jungen. Ich versuchte, auf andere Art besonders zu sein als nur durch die Hörgeräte.

Erst nach dem Wechsel auf eine Schule für Hörgeschädigte nach der 9. Klasse ging es mir wieder besser. Ich lernte, meinen Hörverlust zu akzeptieren, lernte andere Jugendliche mit Hörverlust kennen, machte letztendlich die Schule fertig und studierte dann Kommunikationswissenschaften.

Warum ich mich für ein Cochlea-Implantat entschied

Über 12 Jahre habe ich mit der Entscheidung für ein Cochlea Implantat gekämpft. Ich hatte enorme Angst vor der Operation und dem Hören mit CI, das ich mir immer sehr künstlich vorgestellt habe – wie ein Roboter, der nur Computerstimmen hört. Erst die Begegnungen mit anderen Menschen, die ein CI haben, haben mir die Angst genommen und den Mut gegeben, diesen Schritt zu wagen.

Ich habe mich sehr intensiv mit den verschiedenen CI-Herstellern beschäftigt und versucht zu verstehen, wo die Vorteile unterschiedlicher Systeme liegen. Diese Entscheidung trifft man ja nur einmal im Leben; ich wollte hier die bestmögliche Wahl für mich treffen.

Musik als Hauptkriterium

Ich habe mir vor der Operation alle verfügbaren Geräte angeschaut; das Design der MED-EL-Prozessoren gefiel mir auf Anhieb sehr gut. Auch die Beratung im Care Center war supernett. Überzeugt hat mich vor allem, dass das MED-EL-Implantat eine längere Elektrode als die anderen Hersteller hat und damit tiefere Töne wiedergeben kann. Auch die Fertigung zu 100% in Europa war für mich ein klarer Pluspunkt. Manchmal bin ich nämlich etwas tollpatschig und in einem solchen Fall schnell und unkompliziert Ersatz zu bekommen war mir sehr wichtig.

Ich glaube, dass es für einen natürlichen Höreindruck sehr wichtig ist, dass man den maximal möglichen Frequenzbereich wiedergeben kann. Für mich als jemand, der unbedingt wieder Musik hören und machen wollte, war dies das wichtigste Kriterium.

Chris
CI-Träger aus Deutschland

Der Tag der Aktivierung meines Hörimplantats
Das Erste, was ich mit meinem CI gehört habe, waren die Testtöne, mit denen festgestellt wird, ob jede Elektrode funktioniert. Auch wenn das eigentlich schon vorher klar war, weil es ja schon während der Operation überprüft wird, war ich unglaublich erleichtert, als ich merkte, dass es tatsächlich funktioniert und dass ich mit dem CI hören kann. Dann fragte mich der Audiologe, der die Aktivierung durchführte, ob ich ihn verstehen kann. Und ich verstand ihn auf Anhieb. Das war ein unglaublich emotionaler Moment.

Zurück zum bilateralen Hören
Es klingt unglaublich, aber ich habe tatsächlich nach ca. einer Stunde, in der alles klang wie Mickey Maus, mit dem Implantat richtig gut gehört – und bei weitem besser als mit zwei Hörgeräten davor. Das Hörgerät auf der anderen Seite habe ich seit der Aktivierung gar nicht mehr benutzt; stattdessen entschied ich mich schon nach vier Wochen dazu, auch das zweite Ohr implantieren zu lassen. Musik hörte sich bei mir bereits am Abend der Aktivierung wieder richtig gut an – damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Meistens dauert es ja länger, bis das Gehirn sich an das „neue Hören“ gewöhnt. Bei mir ging das superschnell – das war unfassbar klasse.

Die Vorteile meines SONNET-Audioprozessors
Ich habe mich für den SONNET-Audioprozessor entschieden. Da ich sehr lange Hörgeräte getragen habe, hat mich das Gerät auf dem Ohr nicht wirklich gestört.

  • Natürlich muss ich hier auch die natürliche Soundqualität erwähnen. Meine Angst, mit einem CI unnatürlich oder „wie ein Roboter“ zu hören, war letztendlich völlig unbegründet. Mein Hören fühlt sich völlig natürlich an – es ist so, wie ich es von früher in Erinnerung habe, bevor ich Hörgeräte bekam.
  • Auch die Angst vor Hautproblemen durch die Spule, die per Magnet mit dem Implantat verbunden ist, erwies sich im Nachhinein als unbegründet. Ich habe eine sehr empfindliche Haut, aber hatte noch nie Probleme mit dem Tragekomfort. Auch dann nicht, wenn ich eine Sonnenbrille trage oder Sport mache – selbst beim Tennisspielen trage ich meinen Audioprozessor problemlos. Und im Beruf trage ich fast den ganzen Tag ein Headset – auch das ohne Schwierigkeiten.
  • Die vielfältigen Konnektivitätsmöglichkeiten begeistern mich auch heute noch. Zum Telefonieren via Bluetooth verwende ich AudioStream, das ich ständig trage. Bei Konferenzen und Workshops mit vielen Teilnehmern verwende ich gerne die Phonak TableMics, und für das In-Ear-Monitoring beim Musikmachen, bei dem ich z.B. Gesang oder die Gitarren direkt ins Ohr bekomme, die FM-Hülse mit Audiokabel. Ich kann damit auch in herausfordernden Situationen hervorragend hören.

Im kommenden zweiten Teil seiner Hörreise erzählt Chris uns mehr über sein Sprachtraining, wie er sein Musikverständnis verbessern konnte und weshalb er die Arbeit als Hearpeers-Mentor schätzt.