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Fidelio hören – Tipps für Beethoven

Das Jahr 2020 steht für die Musikwelt ganz im Zeichen von Ludwig van Beethoven, der vor 250 Jahren geboren wurde. Auch Endlich Wieder Hören verneigt sich vor dem großen Komponisten und Pianisten, der beinahe die Hälfte seines Lebens trotz eines zunehmenden Hörverlusts großartige, unvergessliche Musik schuf.

Neben unzähligen symphonischen Werken schrieb Beethoven auch die Oper „Fidelio“. Die Erstfassung seiner einzigen Oper wurde 1805 uraufgeführt, in einer Zeit, in der der Komponist schon unter seinem Hörverlust litt. Das wenig erfolgreiche Stück ruhte 9 Jahre, bis Beethoven, mittlerweile noch schlechter hörend, es überarbeitete und damit einen gebührenden Erfolg feierte.

Musikgenie mit Hörverlust

Viele seiner größten Werke komponierte Beethoven als Schwerhöriger bzw. Gehörloser. Die berühmte 5. Sinfonie, die 9. Sinfonie mit der Europahymne, die Missa solemnis, sie alle entstanden in einer schweren Lebensphase des Künstlers, in der er sehr unter seinem abnehmenden Hörvermögen litt.

Faszinierend ist die Tatsache, dass Beethoven trotz seines mangelnden Gehörs solch große Werke überhaupt schaffen konnte. Im Frühstadium seiner Schwerhörigkeit komponierte er anders, tiefer, im Endstadium verließ Beethoven sich auf die Erinnerung an sein absolutes Gehör. Denn hören, geschweige denn genießen, konnte er seine Musik nicht mehr.

Gehörlos in der Oper

Und heute? Können Schwerhörige mit technisch ausgereiften Hörgeräten und Hörimplantaten Musik genießen?

Diese Frage lässt sich nicht allgemein beantworten, zu verschieden sind die individuellen Voraussetzungen für Musikgenuss. Hörgeräteträger sind kein seltener Anblick bei Musikveranstaltungen. Doch auch Cochlea-Implantat-Nutzer trifft man in den Konzert- und Opernhäusern dieser Welt. Elisabeth zum Beispiel, die seit einigen Jahren mit zwei Cochlea-Implantaten (CI) versorgt ist. „Ich liebe klassische Musik, mein Mann und ich besuchen regelmäßig Opern und Konzerte. Seit ich zwei Cochlea-Implantate habe, genieße ich die Schönheit der Musik wieder wie früher.“ Mit einem CI klang Musik noch nicht so voll, sie konnte die feinen Nuancen nicht so gut hören, erinnert sich die rüstige Seniorin.

Hörbotschafterin und Hörpatin Josephine ist einseitig ertaubt und ebenfalls mit einem CI versorgt. Die Studentin spielt begeistert Cello. Ähnlich wie Musikwissenschaftlerin Johanna, die während ihres Gesangsstudiums am rechten Ohr ertaubte, betont sie, dass sich die Freude an der Musik nicht von selbst einstellte. Mit spezieller Musikrehabilitation und dem bewussten musikalischen Trainieren des CI-versorgten Ohrs ließ der Erfolg jedoch nicht lange auf sich warten.

Personen, die bereits in jungen Jahren musizierten, erreichen mit CI schneller musikalische Hörerfolge als jene, die vor ihrer Ertaubung nicht musizierten, das ist wissenschaftlich erwiesen. Das geschulte Gehör, die Plastizität des Gehirns, die trainierte Fähigkeit, feine Details wahrzunehmen, sind nur einige der Gründe dafür.

Nicht-Musiker unter den Hörimplantatträgern müssen dennoch nicht verzagen: auch wenn sie „nur“ ihr Lieblingslied wieder hören möchten wie früher, rentiert sich das Üben. Und hat einen positiven Nebeneffekt: das Verstehen von Sprache in lauter Umgebung wird nachweislich durch Musiktraining verbessert. Ganz abgesehen von den Emotionen und schönen Erinnerungen, die Musik hervorruft.

Musiktraining für Hörimplantatnutzer

Es gibt zahlreiche Apps, mit denen Hörimplantatnutzer ihr musikalisches Gehör trainieren können. Auralia, Better Ears, Lyrics Training, Perfect Ear, Clapping Music oder Voice Training wurden für Menschen mit gutem Gehör entwickelt, eignen sich aber auch gut für Personen mit Hörhilfen. Speziell für Implantatnutzer wurden die ListenUp! Musiktrainings-CDs konzipiert.

CI-Nutzerin und Musikexpertin Johanna hat für alle, die ihr musikalisches Gehör mit CI schulen wollen, ein paar grundlegende Tipps parat:

„Hören Sie bewusst und aktiv Musik, in unterschiedlichen Stilrichtungen. Konzentrieren Sie sich dabei jeweils auf ein Element: Rhythmus, Text oder Instrumente. Üben Sie drei- bis fünfmal pro Woche, jeweils etwa 15 Minuten. Haben Sie Geduld und bleiben Sie dran, auch wenn es anfangs schauderhaft klingt. Und hören Sie Musik nicht nur aus der Konserve, sondern auch live.“

Für den Live-Genuss bietet sich im Beethovenjahr 2020 Fidelio an, das an renommierten Opernhäusern Deutschlands und Österreichs auf dem Spielplan steht. Genießen Sie die Musik, die ein hochgradig schwerhöriges Musikgenie geschaffen hat und freuen Sie sich, dass Sie sie zwei Jahrhunderte später – mit Hörgerät oder Hörimplantat – hören können.

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