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Birgit

aus Wels (Österreich)

Beidseitig implantiert
Cochlea-Implantatbenutzer
Hörsturz
Selbstständige Unternehmerin

Birgit, 52 Jahre aus Wels in Österreich ist selbständige Unternehmerin und Mitarbeiterin im Verein „Von Ohr zu Ohr“.
Ihre Cochlea-Implantate hat sie seit Juli 2009 im rechten Ohr und seit Dezember im linken Ohr. 

Birgit ist Botschafterin weil:

Ich möchte Betroffene über bestehende Möglichkeiten informieren, die ihnen beim Kampf gegen die Isolation helfen. Hörverlust ist leider immer noch ein Tabuthema, das mit alt sein assoziiert wird. Projekte und Initiativen wie Endlich Wieder Hören tragen zur Aufklärung bei. Zudem möchte ich Mut machen, indem ich meine Erfahrungen teile. Die Erkenntnis, dass man durch ein Implantat wieder alle Klangwelten wahrnehmen kann, ist ein einmaliges Erlebnis.

Erfahrungsbericht Birgit

1. Wie stark ist dein Hörverlust? Wann und warum ist dein Hörverlust aufgetreten?
Mit 12 Jahren hatte ich den ersten Hörsturz. Nachdem ich drei Monate nichts mehr gehört habe, wurde eine Mittelohrschwerhörigkeit bei mir diagnostiziert. Im Laufe der Zeit ist mein Gehör immer schlechter geworden. In meinem Fall ist die Ursache genetisch bedingt. Meiner Mutter und Großmutter ist genau dasselbe als Mädchen widerfahren.
2. Was dachten du und deine Eltern als ihr realisiert habt, dass du von Hörverlust betroffen bist?
Als Kind ist man geschockt, wenn man plötzlich nichts mehr hört. Nach meinem ersten Hörsturz kam das Hörvermögen ja wieder zurück und ich war erst einmal beruhigt. Doch mit 16 und diverse Hörstürze später wurde es immer schlechter und schlechter, was ich aufgrund der im Teenageralter starken Eitelkeit versucht habe zu ignorieren. Letztendlich hörte ich so schlecht, dass ich mit 19 auf ein Hörgerät zurückgreifen musste. Gott sei Dank habe ich mich relativ schnell daran gewöhnt.
3. Wie hast du persönlich den Hörverlust empfunden?
Ich habe den Hörverlust als sehr schlimm empfunden, da er von einem Moment auf den anderen so massiv war. Mir ist bewusst geworden, wie wichtig es ist, hören zu können. Die Situation hat mir Angst gemacht, und ich war sehr verunsichert.
4. Wie wurdest du von Ärzten, Freunden oder der Familie unterstützt?
Neben der familiären Unterstützung hat mir die fachliche, aber auch menschliche Beratung von Dr. Keintzel sehr geholfen. Ich hatte sofort das Gefühl, bei ihm gut aufgehoben zu sein. Das war am Ende der entscheidende Grund, warum ich nicht lange gezögert habe, mich für eine Operation zu entschieden.
5. Wann und wie hast du von der Möglichkeit eines Hörimplantats erfahren?
Ich hatte zwar den Begriff Hörimplantat schon einmal gehört, konnte aber im Grunde nichts damit anfangen. 2007 hat der Verein vonOHRzuOHR eine Pressekonferenz organisiert, an der auch Dr. Keintzel teilgenommen hat. Ich bin mit ihm ins Gespräch gekommen, und er hat mich über die Möglichkeit eines Hörimplantats aufgeklärt.
6. Was ist für dich das Schönste am wieder hören können?
Seit der Implantation bin ich wieder in der Lage alle Klangwelten wahrzunehmen. Ich höre viele leise Geräusche wie beispielsweise von Tieren in der Natur, die für mich immer wieder aufs Neue ein absolutes Hörerlebnis sind. Für andere gehören solche Geräusche zum Alltag dazu. Außerdem fühle ich mich auf der Straße jetzt sicherer, da ich die Warnsignale von Polizeiautos und der Feuerwehr wahrnehmen kann.
7. Wie hat sich das Thema Hörverlust auf dein Leben und deine Karriere ausgewirkt? Was hat sich durch das Implantat verändert?
Ohne Hörimplantat könnte ich in meinem Job nicht aktiv sein. Als Unternehmerin bin ich in stetem Kontakt mit Kunden. Die Kommunikation macht somit einen Großteil meiner Arbeit aus. Dank der Implantation habe ich ein Stück Lebensqualität zurückerhalten und konnte mich so aus der Isolation befreien. Trotz einer Implantation bleibt man ein Mensch mit Hörverlust. Ein Implantat verleiht einem aber das Selbstbewusstsein, sich offen zu diesem Problem zu bekennen und es seinen Mitmenschen zu erklären. Ich bin immer wieder überrascht, wie viel Interesse die Leute zeigen und sich der Situation anpassen, wenn ich meine Erfahrungen mit ihnen teile.
8. Wie erging es dir nach der Implantation?
Nachdem der Audioprozessor eingeschaltet wurde, konnte ich sofort hören, aber es war ein Lernprozess, bis ich die Geräusche richtig einordnen konnte. Mein Gehirn musste erst wieder lernen, die Geräusche zuzuordnen. Ich habe glücklicherweise recht schnell Fortschritte gemacht. Bei manchen kann der Prozess auch etwas länger dauern. Da ich im Verein vonOHRzuOHR tätig bin, hatte ich gleich die Möglichkeit, an einem logopädischen Training teilzunehmen, was mir sehr weitergeholfen hat.
9. Was möchtest du Betroffenen und Angehörigen mit auf den Weg geben?
Mein Rat ist, nach der Implantation nicht zu viel zu erwarten. Es ist ganz normal, dass nicht gleich alle Geräusche erkannt werden. Geräusche wieder hören zu können, müssen Betroffene erst lernen, aber vor allem Sprache zu verstehen, ist ein großer Lernprozess. Beim zweiten Ohr ging es in meinem Fall zum Beispiel schneller, da das Gehirn schon einmal mit der Lernsituation konfrontiert war. Außerdem ist es wichtig, dass Betroffene sich im Vorfeld ausführlich informieren. Viele haben natürlicherweise Angst vor der Operation. Eine gute Beratung und Aufklärung über das Thema ist von großer Bedeutung, um die bevorstehenden Schritte besser zu verstehen. Darüber hinaus hilft vor allem der Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen. Das nimmt einem die Angst und gibt einem das Gefühl, nicht alleine zu sein.