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Hörverlust im Alter erkennen und reagieren

Hörverlust im Alter oder Altersschwerhörigkeit ist häufig ein langsamer Prozess und wird von den Betroffenen selbst oft erst spät wahrgenommen.
Doch das kann heimtückisch sein: Ein nicht erkannter Hörverlust kann Begleiterkrankungen fördern, soziale Isolation mit sich bringen, die bis zur Depression führen kann oder die Mobilität einschränken. Umso wichtiger ist es, Betroffene zu unterstützen und richtig zu reagieren. Die Veränderung kommt schleichend: Plötzlich zieht sich Opa immer mehr zurück. In der großen Familienrunde fällt es ihm schwer, sich auf ein Gespräch zu konzentrieren. Der Fernseher läuft jetzt immer so laut, dass man auch im Nebenraum noch jedes Wort versteht. Hörverlust im Alter oder Altersschwerhörigkeit ist häufig ein langsamer Prozess und wird von den Betroffenen selbst oft erst spät wahrgenommen.
Doch das kann heimtückisch sein: Ein nicht erkannter Hörverlust kann Begleiterkrankungen fördern, soziale Isolation mit sich bringen, die bis zur Depression führen kann oder die Mobilität einschränken. Umso wichtiger ist es, Betroffene zu unterstützen und richtig zu reagieren.

„Diese ältere Generation ist sicher die Gruppe, die man besonders ansprechen sollte. Mein Eindruck ist, dass jüngere Menschen – gerade Berufstätige – schneller reagieren. Sie stoßen früher an ihre Grenzen und sagen: ‚So geht das nicht, ich kann nicht mehr telefonieren oder ich verstehe in einer Besprechung nichts mehr. “Diese PatientInnen sieht man früher, ihnen kann man bereits frühzeitig Unterstützung anbieten . Bei älteren Menschen wird das mehr oder weniger so in Kauf genommen“, sagt Prim. Dr. Thomas Keintzel, Leiter der Abteilung für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten am Klinikum Wels-Grieskirchen.

Vielfältige Anzeichen

„Wenn es im Familienkreis auffällt und man bei jemandem das Gefühl hat, dass er schlecht hört, dann sollte man ihm nahelegen, einen HNO-Arzt aufzusuchen und einen Hörtest zu machen“, sagt der Facharzt.
Die Anzeichen, die auf eine Altersschwerhörigkeit hindeuten, können dabei vielfältig sein: Auf den ersten Blick würde man sie vielleicht gar nicht mit einem Hörverlust in Verbindung bringen. Häufig ändert sich das Verhalten in der Gruppe. In einer lauten Umgebung fühlen sich Betroffene oft nicht mehr wohl, werden schnell nervös oder reagieren sogar gereizt. Oft haben sie auch das Gefühl, alle anderen würden nur undeutlich sprechen oder nuscheln. Deshalb muss das Gesagte oft wiederholt werden und die Lautstärke bei TV- und Radiogeräten wird entsprechend laut eingestellt. Das Telefon, die Türklingel oder andere akustische Signale werden zunehmend überhört. Gleichzeitig können von Altersschwerhörigkeit Betroffene laute Geräusche aber immer schlechter ertragen und ziehen sich vom gesellschaftlichen Leben zurück. In Zusammenhang mit Hörverlust im Alter zählen auch Depressionen zu häufigen Begleiterkrankungen: Viele ziehen sich zurück und fühlen sich von der Umwelt ausgeschlossen.

Der Hörverlust kann auch die Mobilität einschränken: Durch den sozialen Rückzug verlassen viele ältere Menschen ihre Wohnung seltener und bewegen sich weniger. Das wiederum beschleunigt den Muskelabbau und schwächt den Bewegungsapparat. Des Weiteren verbraucht Hören, besonders, wenn man sich dazu anstrengen muss, mehr kognitive Ressourcen. Die Konzentration verlegt sich vom Bewegungsablauf zum Hören. Dadurch steigt die Sturzgefahr ebenfalls.
Wer sehr schlecht hört, zögert Arztbesuche unter Umständen lange hinaus – manchmal aus Scham, manchmal aus organisatorischen Gründen, weil man eine hörende Begleitperson braucht. Dadurch bleiben Krankheiten schlichtweg länger unentdeckt.

Der erste Schritt: Ein Kontrolltermin beim Arzt

Den klassischen Verlauf der Altersschwerhörigkeit gibt es jedoch laut dem Facharzt nicht: „Per Definition spricht man bei einem Hörverlust, der ab dem fünften Lebensjahrzehnt auftritt, von einer Altersschwerhörigkeit. Es gibt aber auch Menschen, die sich bis ins hohe Alter ein sehr gutes Hörvermögen bewahren. Eine Abnahme des Hörvermögens im Hochtonbereich bedeutet etwa nicht gleich ein schlechteres Sprachverstehen – das hängt natürlich auch mit den kognitiven Fähigkeiten wie dem Arbeitsgedächtnis und der Aufmerksamkeit zusammen. Das heißt, wenn ich mittrainiere, kann ich viel kompensieren.“

Zusätzlich spielen der Lebensstil und weitere vorhandene Erkrankungen wie etwa Diabetes eine Rolle und können den Verlauf der Altersschwerhörigkeit beschleunigen. Eine Kontrolle beim Facharzt ist deshalb der wichtigste Schritt. „Mit einer rechtzeitigen Versorgung mit einer Hörhilfe können sehr viele negative Folgen – wie soziale Isolation oder Depressionen, die eine Altersschwerhörigkeit mit sich bringen kann – aufgehalten werden“, sagt Dr. Keintzel. „Aber dieses Bewusstsein ist in der Bevölkerung immer noch nicht da. Hörverlust wird noch immer als ein Stigma gesehen: ‚Wenn ich ein Hörgerät brauche, bin ich alt’, heißt es dann immer.“

„Zu alt“ gibt es nicht

Am wichtigsten sei es, für jede/n die individuell optimale Lösung zu finden. Wenn jemand von einem hochgradigen Hörverlust betroffen ist, wird auch ein Cochlea Implantat in Betracht gezogen. „Ein ‚zu alt’ gibt es nicht. Ein CI ist auch für ältere Menschen eine sehr gute Versorgungsform. Das hat man ja früher nicht geglaubt, aber mittlerweile ist das Gegenteil bestätigt.“ Das weiß Dr. Keintzel aus eigener Erfahrung: „Ich hatte einmal einen Patienten, der war etwas über 80 und bedingt durch seinen Hörverlust schwer depressiv, nichts hat ihm mehr Freude bereitet, er ging nicht mehr außer Haus und hat sich sehr stark zurückgezogen. Nach der Versorgung mit einem Cochlea-Implantat verstand er nach kürzester Zeit Sprache wieder gut. Als ich ihn nach neun Monaten wieder getroffen habe, ist er richtig aufgeblüht.“

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