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Die EM: Begeisterte Stadion-Stimmung statt gehörloser Stille

Europa steht ein heißer Fußballsommer bevor: Millionen Fans gleich welcher Nation werden ihre Mannschaften leidenschaftlich anfeuern, mit ihnen mitfiebern und mitleiden. Unter ihnen sind auch der sechsjährige Antonio aus der Schweiz, der 13 Jahre alte Marcel aus Deutschland und die Zwillingsbrüder Alexander und Matthias (16) aus Österreich. Neben der Begeisterung für den Fußball haben die vier noch eine weitere Gemeinsamkeit: Sie sind gehörlos und tragen Cochleaimplantate. Dank dieser hochentwickelten Hörimplantate können sie die EM auch akustisch genau so erleben wie alle anderen Fans. Für die Initiative Endlich Wieder Hören schildern insgesamt elf Cochleaimplantat-Träger aus dem deutschsprachigen Raum ihre Eindrücke im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft. Das Motto dieses einmaligen Projekts: Die EM hören!

Ausgelassene Stimmung bei den Public Viewings, Fangesänge in den Stadien, Siegesjubel und Hupkonzerte in den Straßen – die Fußball-Europameisterschaft wird auch in diesem Jahr begleitet von vielfältigen Höreindrücken. Wie wäre es wohl, wenn bei all dem der Ton fehlen würde? Kein sich überschlagender Kommentator, kein „Football’s coming home“ in voller Lautstärke und nicht einmal der erlösende Schlusspfiff, der euphorische Beifallsstürme auslöst – stattdessen nur Stille. Elf gehörlose Fußballfans aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wissen ganz genau, wie sich das anfühlt. Und sie sind heilfroh, dass sie durch die Technologie ihrer Cochleaimplantate trotzdem hören und mit allen anderen Fans mitfeiern können.

Österreich: Alexander und Matthias (16)

“You will never walk alone” ist der Lieblings-Fußballsong der 16-jährigen Zwillinge Alexander und Matthias aus Karlstetten in Niederösterreich. Dahinter könnte man auch das Lebensmotto der Brüder aus St. Pölten vermuten. Die beiden sind leidenschaftliche Fußballfans und spielen im Fußballverein des TSU Hafnerbach in der U16-Mannschaft – natürlich zusammen in einer Mannschaft. Dass Alexander und Matthias zu zwei so normalen Jugendlichen heranwachsen, war bei ihrer Geburt alles andere als sicher. Sie wurden taub geboren und konnten nicht hören. Ihre Eltern handelten schnell und hatten die richtigen Mediziner an ihrer Seite: Bereits im Alter von 15 Monaten wurden die Zwillingsbrüder einseitig mit einem Cochleaimplantat versorgt. Ein paar Jahre später erhielten Matthias und Alexander dann ihr zweites Implantat – die optimale Lösung, denn erst die bilaterale Implantation ermöglicht das räumliche Hören. Und das ist wichtig auf dem Fußballplatz. Heute spielen die beiden gemeinsam mit Hörenden im Fußballverein und kommen dabei bestens zurecht.

Schweiz: Antonio (6)

Auch der sechs Jahre alte Antonio aus Bern wäre ohne seine Hörimplantate heute wohl kaum ein so fröhliches Kindergartenkind, denn der kleine Schweizer ist ebenfalls fast vollständig gehörlos. Schnell lernte er mit seinen Cochleaimplantaten das Hören, konnte Geräusche zuordnen, Stimmen wahrnehmen und Worte verstehen. Antonio spielt seit zwei Jahren Fußball im Verein und sammelt im Moment eifrig Panini-Bilder. Dass er so viele EM-Spiele wie möglich ansehen wird, ist für ihn und seine Eltern völlig klar.

Deutschland: Marcel (13)

Und der 13-jährige Marcel aus Remstal in Baden-Württemberg hat am letzten Wochenende Paris noch einen spontanen Kurzbesuch abgestattet – inklusive Erinnerungsfoto vor dem Eiffelturm im Deutschland-Trikot. Er wollte sichergehen, dass dort alles bereit ist für das EM-Eröffnungsspiel am 10.Juni. Auch Marcel kann die Stimmung im Stadion nur dank der Hörimplantat-Technologie so richtig genießen. Nach einem Unfall hatte er das Gehör auf der linken Seite verloren – aber wenn heute „sein“ VfB Stuttgart spielt, dann ist er mit beiden Ohren wieder voll dabei.

Antonio, Marcel, Alexander und Matthias tragen Cochleaimplantate – diese Systeme wurden für Menschen mit schwerer bis völliger Innenohrschwerhörigkeit entwickelt. Sie stimulieren mittels elektrischer Impulse direkt die Nervenfasern der Gehörschnecke (Cochlea). Der Hörnerv übermittelt diese Signale dann an das Gehirn, wo sie als akustische Ereignisse wahrgenommen werden. Das Cochleaimplantat stellt somit erstmalig den Ersatz eines menschlichen Sinnesorganes dar.

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