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Hörverlust und Partnerschaft: „Das CI war die Rettung“

Stefan Fröhlich war 37 Jahre alt, als er die ersten Symptome der seltenen Nervenkrankheit Hu-Antikörpersyndrom zeigte. Parallel dazu verschlechterte sich auch sein Gehör rapide. Es dauerte zweieinhalb Jahre, bis die ÄrztInnen die Krankheit diagnostizieren und ihn mit einer Immuntherapie stabilisieren konnten. Doch sein Hörverlust schritt voran: „Ich bin dann rasch mit Hörgeräten versorgt worden.“ Das klappte zwar recht gut, aber Stefans Gehör verschlechterte sich weiter. 2015 entschied er sich schließlich auf Anraten seiner ÄrztInnen für eine beidseitige Versorgung mit CIs.

Der Weg zum CI war lang und der Hörverlust war für mich selbst und für meine Familie eine starke Belastung,

erzählt Stefan. Er konnte sich nicht mehr wirklich an Gesprächen beteiligen. Seine Frau Mona übernahm den Großteil der alltäglichen Organisationsarbeit. Im kommunikativen Sinn war ich nicht mehr Teil der Familie. Ich war zwar überall dabei, aber trotzdem außen vor.

In der Beziehung mit seiner Frau zeigten sich die Folgen des Hörverlusts: „Man hat nur noch das Notwendigste miteinander gesprochen. Meine Frau arbeitet auch und hat einen anstrengenden Beruf. Dann kommt man nach Hause und muss sich noch einmal anstrengen. Mit dem Partner laut reden und ständig alles wiederholen und wiederholen“, erinnert sich Stefan.

Auswirkungen von Schwerhörigkeit und Hörverlust wissenschaftlich erforscht

Diese Erfahrungen teilen viele Betroffene und ihre Angehörigen, zeigt eine aktuelle wissenschaftliche Studie der Universität Nottingham, die im Oktober 2017 veröffentlicht wurde. Ein Forscherteam rund um die Audiologin Venessa Vas hat die unterschiedlichen Alltagsschwierigkeiten von Hörverlust-Betroffenen und ihren Kommunikationspartnern untersucht. Dafür wurden bereits existierende Studienergebnisse rund um die Auswirkungen von Hörverlust zusammengefasst.

Insgesamt konnten rund 12.000 Datensätze aus dem Zeitraum von Mai 1982 bis Mai 2017 begutachtet werden. Ausgewertet wurden schließlich 78 Studien – und alle Studien kamen zur gleichen Erkenntnis: Hörverlust und Schwerhörigkeit beeinträchtigen nicht nur das Hörvermögen, sondern vor allem auch das soziale Leben und das Selbstwertgefühl. Für die Angehörigen zeigte sich zusätzlich die Belastung durch die Übernahme von unterschiedlichen Verantwortlichkeiten: Sie führen Telefongespräche für die Betroffenen und übernehmen in vielen Situationen die Kommunikation. Immer wieder stoßen sie in diesem Prozess an ihre Grenzen.

Belastungsprobe für die Partnerschaft

Auch Stefan Fröhlichs Ehefrau hat stets für ihn gedolmetscht. Sie und die Kinder waren für Stefan die wichtigste Stütze und haben vor allem viel Geduld gezeigt. „Die Familie war das A und O. Wenn ich die Familie nicht gehabt hätte – und es gab auch schlechte Zeiten – dann weiß ich nicht, wie ich die ganze Situation überstanden hätte.“ Zusätzlich konnte sich Stefan auf ein Netz aus Freunden und Bekannten verlassen. Um Stefan aus der beginnenden Isolation durch seinen Gehörverlust zu holen, schlug seine Frau auch einen Kurs für Gebärdensprache vor.

Aber das wollte ich nicht, weil ich immer dachte, es muss irgendwie gehen. Mein Kopf ließ es noch nicht zu, dass ich Gebärdensprache lerne.

Die fehlende Kommunikation stellte die Beziehung auf eine Probe. „Das hätte uns auch die Partnerschaft kosten können“, sagt Stefan. „Nicht aufgrund fehlender Liebe, sondern weil man nicht mehr miteinander sprechen konnte. Weil es anstrengend war.“

Geändert hat sich die Situation, als Stefan mit Cochlea-Implantaten versorgt wurde. Er machte in kurzer Zeit enorme Fortschritte: „Man kann sagen, ab dem ersten Tag ging das Hören wieder los“, erzählt er. Knapp sechs Wochen nach der Ersteinstellung konnte er mit seinem ersten CI wieder gut hören. Nach der zweiten Implantation verbessert sich sein Hören noch einmal. „Die CIs haben mich zurück ins Leben gerufen“, sagt Stefan. „Das war meine Rettung.“

Stefan Fröhlich und seine Familie haben die Herausforderung Hörverlust überstanden.

Zur Studie.

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